Der neue weltweite Antisemitismus-Report ist soeben erschienen.
Das Zentrum für Studien des Europäischen Judentums und das Irwin Cotler Institut für Demokratie, Menschenrechte und Justiz, beide an der Tel Aviv Universität, veröffentlichten soeben ihren Jahresbericht 2024 zum weltweiten Antisemitismus. Eine kleine Überraschung: Der Höhepunkt antisemitischer Vorfälle war unmittelbar nach dem 7. Oktober und ging dann wieder zurück. Vor allem die Monate Oktober, November und Dezember 2023 waren verheerend. Die Tragik: Genau in dem Moment, in dem der jüdische Staat schwächer und existenzgefährdeter denn je in seiner Geschichte war, genau in diesem Moment ist das Gespenst des Antisemitismus grösser und stärker denn je geworden. Besonders erschreckend ist die Lage in Australien. Dort hat der Antisemitismus exponentiell zugenommen, ebenso in den USA, Italien, Spanien, Kanada, Argentinien und Brasilien. Allein in Italien gab es 2024 877 antisemitische Vorfälle gegenüber 454 im Jahr 2023. Doch es gab auch leicht positive Entwicklungen. In Frankreich gab es 2024 «nur» noch 1570 Vorfälle gegenüber 1676 im Jahr 2023 (2022 waren es gerade mal 436). Auch in Grossbritannien und in Deutschland gingen die Zahlen 2024 gegenüber dem Vorjahr wieder zurück. Allerdings, und das betont der Bericht, die allgemeine Zahl antisemitischer Vorfälle ist insgesamt extrem hoch geblieben im Vergleich zu früheren Jahren und Zeiten. Besonders besorgniserregend ist die mangelnde Bereitschaft oder Fähigkeit antisemitische Vorfälle polizeilich und/oder juristisch zu verfolgen. Dies aber erweist sich als langwieriges Problem. Denn jede Form der Weiterbildung und Erziehung im Kampf gegen Antisemitismus ist natürlich zum Scheitern verurteilt, wenn staatliche Organe nicht mit einer entsprechenden Strafverfolgung reagieren, wenn es zu antisemitischen Ereignissen kommt. Die Lage ist also «hoffnungslos, aber nicht zum Verzweifeln» wie ein alter Sponti-Spruch die Situation treffend beschreiben würde.